Vier Flüsse und ein Experiment

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Diese Tour ist ein Experiment

Am Anfang stand die Idee, mit den Rädern von unserem Wohnort Bendorf-Sayn den Rhein hinunter zu fahren bis zur Nordsee.

Dann stellte sich die Frage: Wo können wir übernachten, und wie können wir es organisieren. Die Möglichkeiten im relativ dünn besiedelten Rheindelta sollen recht begrenzt sein.

Robert kam auf die Idee, das Zelt mitzunehmen und jeweils auf Campingplätzen zu übernachten. Das Equipment war seit seiner Finisterre-Reise vorhanden.

Begeisterung war anders! Ingrid hatte vor vielen Jahren nach einer schlechten Erfahrung beschlossen: Nie wieder Zelt!

Doch die Tour selbst war ihr sehr wichtig. Und so kam irgendwann der Sinneswandel und die Bereitschaft, es wenigstens einmal auszuprobieren.

Wir entschlossen uns zu einer kurzen Test-Tour in der Nähe unseres Wohnortes, um jederzeit mit einer Tagestour wieder nach Hause zu können.

So kurz und so nah wurde es dann allerdings doch nicht. Es wurden 7 Tage, 6 Nächte, 475 Kilometer und 2.640 Höhenmeter daraus – mit dem Ergebnis:

O.k., wir machen das mit dem Zelt ⛺️


Tag 1 / 02.07.2023 / Bendorf – Bruttig

Allein das Packen ist eine Herausforderung. Was muss mit? Was muss zu Hause bleiben? Wie wird alles am besten verstaut?

Irgendwann geht es dann los. Zuerst nach Koblenz, dann Mosel-aufwärts bis Bruttig. Wegen der Geräuschkulisse wollen wir Cochem und die Bahnlinie, die hier in einen Tunnel führt, hinter uns lassen. Die meisten Mosel-Campingplätze liegen leider, dem engen Tal geschuldet, unmittelbar an der Straße und schlimmstenfalls noch an der Bahn.

Fahrt, Landschaft und Stimmung sind wunderbar. Nach etwa 40 km machen wir eine Kaffeepause und gönnen uns ein Stück Kuchen. Insgesamt haben wir heute etwa 75 km zu bewältigen.

Kurz vor unserem Ziel begegnen wir einem holländischen Ehepaar, das – wie sich später herausstellt – das selbe Ziel hat wie wir. Sie haben Ihr Wohnmobil auf dem Campingplatz Bruttig-Fankel und machen Tagesausflüge. Wir kommen ein wenig ins Gespräch und erfahren, dass die beiden Bendorf recht gut kennen, besonders den Hafen. Sie waren früher Binnenschiffer und hatten den Rheinkilometer 600 oft angefahren, um Steine zu laden.

Auf dem Campingplatz erledigen wir die erforderlichen Formalitäten, bekommen einen Zeltplatz zugewiesen. Er ist nicht wirklich schön und liegt direkt an der Straße. Nachdem der Strom freigeschaltet ist, können wir unsere Räder aufladen. Das Zelt ist relativ schnell aufgebaut, die Matratzen aufgepumpt und die Sanitäranlagen inspiziert – alles soweit o.k.!

In einem Restaurant auf der anderen Straßenseite essen wir zu Abend und machen uns bald auf, unsere erste gemeinsame Nacht im Zelt zu verbringen.

Der Campingplatz liegt nicht nur an der Straße, sondern gegenüber ist auch eine stark frequentierte Tankstelle. So wird es eine unruhige Nacht. An Schlaf ist kaum zu denken. Nicht nur das Liegen auf einer Luftmatratze am Boden, sondern auch das Gefühl, auf dem Bürgersteig zu zelten, lassen uns nicht zur Ruhe kommen. Alles in allem ein Albtraum! Nur die Landschaft ist wirklich schön.


Tag 2 / 03.07.2023 / Bruttig – Erden

Trotz der unruhigen Nacht, entschließen wir uns weiterzufahren. Eine Nacht allein reicht nicht, um sich ein Bild zu machen. So brechen wir also im wahrsten Sinne unser(e) Zelt(e) ab und radeln los.

Frühstück unterwegs beim Bäcker und dann vorbei an all den schönen und bekannten Weinorten – Zell, Traben-Trarbach, Kröv …

Kurz hinter Bullay, machen wir Halt unter einem Kastanienbaum und fotografieren die Marienburg, ein ehemaliges Augustinerkloster, das heute Jugendbildungsstätte des Bistums Tier ist. Sie thront oben auf einem Hügel. Die Landschaft ist hier recht lieblich. Innerhalb der Moselschleife umrunden wir Zell und folgen dann der verschlungenen Mosel bis zum Campingplatz Erden, unserem heutigen Ziel.

Auf einer großen Wiese abseits der Dauercamper finden wir gegenüber Weinreben, interessanten Felsformationen und unmittelbar an der Mosel einen schönen Platz für unser Zelt, Stromanschluss und Wasser sind ebenfalls in der Nähe. Heute wird gekocht.

Leider liegt auch dieser Platz wieder in unmittelbarer Nähe der Bundesstraße, und so wird es wieder keine wirklich ruhige Nacht.


Tag 3 / 04.07.2023 / Erden – Schweich

Weiter geht’s der Mosel nach. Ein kurzer Foto-Stopp in Piesport, wo uns aber zu viel Rummel ist. Felsen und Weinhänge wechseln sich hier ab in einer wunderschönen Landschaft.

Am Nachmittag erreichen wir, schon nahe bei Trier, den Campingplatz „Zum Fährturm“ in Schweich, direkt am Yachthafen gelegen. Hier geht es recht lebendig zu. Beim Abendessen im Restaurant direkt am Hafen, können wir einige verrückte Jetski-Fahrer beobachten. Für den, der’s mag…

Allmählich an die Schlafposition gewöhnt und etwas weg von der Straße, wird diese Nacht, irgendwann als es auch draußen stiller wird, ruhiger.

Morgen werden wir die Mosel verlassen und an der Ruwer weiterfahren.


Tag 4 / 05.07.2023 / Schweich – Bostalsee

Diese Nacht war ganz passabel. Wir gönnen uns ein Frühstück im Restaurant, bauen unser Zelt ab und weiter geht’s zunächst nach Kenn zum Campingausstatter Fritz Berger. An unserer Zeltstange ist etwas abgebrochen. Leider kann man uns aber nicht helfen. Ok, dann müssen wir halt improvisieren.

Wir machen uns also unverrichteter Dinge auf den Weg zum Bostalsee, unserem nächsten Ziel. Rund 80 km liegen vor uns.

Bis Hermeskeil folgen wir dem Ruwer-Hochwald-Radweg. Er ist neben dem Maare-Mosel- und dem Schinderhannes-Radweg einer der markantesten Bahntrassenwege in Rheinland-Pfalz und verbindet durch das stille und windungsreiche Ruwertal die Mosel mit den Hunsrückhöhen. Obwohl es kontinuierlich bergauf geht, lässt es sich gut fahren.

Von Hermeskeil aus fahren wir Richtung Nonnweiler und von dort auf den Bahnradweg Sankt Wendeler Land, ein neuer Weg, der seines Gleichen suchen kann. Wir folgen ihm, um den Hasenkopf herum und verlassen ihn kurz hinter Otzenhausen in Richtung Schwarzenbach, Bosen und zum Bostalsee, wo uns ein großer moderner und komfortabler Campingplatz erwartet.

Wir erhalten den Platz III/37 ganz am Ende und haben ein riesiges Areal für uns alleine, fast ein bisschen zu weit vom Schuss und mir ein wenig unheimlich. In Höhrnähe befindet sich ein Jugendzeltplatz, wo die halbe Nacht Party gemacht wird, und ich habe das Gefühl, die Jugendlichen schleichen auch um unser Zelt herum. Irgendwie bin ich froh, als die Nacht vorüber ist.


Tag 5 / 06.07.2023 / Bostalsee – Kirn

Nach einer etwas unruhigen Nacht brechen wir am Morgen auf Richtung Kirn. Heute sind es nur knapp 60 km, dafür aber auch wieder einige Höhenmeter, rauf und runter, teils auch auf unbefestigten Wegen durch den Wald.

Wir rollen zunächst gemütlich am See entlang und über die Staumauer. Hier ist alles recht touristisch. Wir folgen dem Nahe-Radweg, der einige schöne Ausblicke, aber durchaus auch einige Herausforderungen für uns bereit hält.

Idar-Oberstein, die Edelstein- und Garnisonsstadt, wäre sicher einen Besuch wert, der Markt soll sehr schön und bliebt sein, aber wie immer, wenn wir einmal auf dem Rad sitzen, treibt es uns weiter.

Hinter Kirn-Sulzbach erreichen wir den idyllisch gelegenen „Campingplatz Papiermühle“. Die Anmeldung ist nicht besetzt, und wir müssen den Betreiber des Platzes erst telefonisch kontaktieren. Wir unterhalten uns ein wenig mit einem alleinradelnden jungen Mann, der kurz nach uns eintrifft.

Der Platz ist einfach, die Sanitäranlagen nicht mehr ganz neu, aber sauber. Wir können unser Zelt auf einer großen Wiese direkt am Bach aufschlagen und haben auch Strom zum Aufladen unserer Räder. Der junge Mann sucht sich einen Platz weitab von unserem. Wir sehen das als Zeichen…

Beim Zeltaufbau springt mich ein winziges „Ungeheuer“ an und beißt mir recht schmerzhaft in den Fuß, und obwohl ich es sofort wegschnicke, begleitet der Biss mich noch recht lange. Was es für ein Tierchen war, konnte ich nicht herausfinden. Eine Zecke war es aber wohl nicht.

Weit und breit nur Gegend, kein Restaurant, und so wird wieder gekocht. Der Bach plätschert uns in den Schlaf. Allerdings ist am anderen Morgen alles um uns herum ziemlich nass – wir sind halt mitten in der Natur. Wie wir später feststellen liegt der Platz genau zwischen dem Mühlbach und dem Großbach, dazu umgeben von Wald. Da kann es schonmal feucht werden.


Tag 6 / 07.07.2023 / Kirn – Trechtingshausen

Wir packen das nasse Zelt ein und machen uns auf den Weg. Wir wollen heute zurück an den Rhein und rollen gemütlich Nahe-abwärts, durch wunderschöne Landschaft.

Hinter Norheim ragt mehr als 200 Meter über der Nahe der imposante Rotenfels auf. Er ist die höchste Steilwand nördlich der Alpen. Kurz darauf erreichen wir Bad Münster am Stein mit dem 245 Meter hohen und ebenso imposanten Rheingrafenstein. Hier gönnen wir uns einen dicken Eisbecher, den haben wir uns verdient.

Weiter geht es dann durch das Kurviertel, entlang von Salinen und Sportanlagen, und bald erreichen wir schon Bad Kreuznach mit seiner Nahebrücke und den sehenswerten Brückenhäusern.

Hinter Bad Kreuznach geht es dann mehr oder weniger durch besiedeltes Gebiet bis wir Bingen und die Nahe-Mündung erreichen. Über die Brücke nach Bingerbrück und dann durch bekanntes Terrain bis zum „Campingplatz Marienort“ in Trechtingshausen unterhalb der Burg Reichenstein. Sie will die schönste Burg am Rhein sein und überrascht uns am Abend zum Burgfest mit einem tollen Feuerwerk.

Der Campingplatz ist (auch wegen des Burgfestes) gut besucht, so dass wir in unmittelbarer Zelt-Nachbarschaft auch einige Feiergäste haben, die uns aber nicht weiter stören.

Ansonsten finden wir alles, was unser Herz begehrt, vor allem auch ein gemütliches Restaurant, wo wir uns versorgen können. Beim Essen kommen wir ins Gespräch mit einem Bikepacker, der mit Gravelbike und Minimalgepäck unterwegs ist – sehr beeindruckend, mit wie wenig man auskommen kann. Er hat sein Minizelt direkt neben uns.


Tag 7 / 08.07.2023 / Trechtingshausen – Sayn

Heute geht es nach Hause. Gute 70 km, die uns aber gut bekannt sind, liegen vor uns. In Bacharach gönnen wir uns bei einer Bäckerei ein nettes Frühstück und machen uns danach gestärkt auf den Weg – nur weg vom Touristenrummel.

Unterwegs erwischt uns tatsächlich noch ein Regenschauer, so dass wir die Regenjacken auspacken müssen. Das wäre jetzt nicht wirklich nötig gewesen!

Ein wenig müde kommen wir nach Hause und freuen uns auf unsere komfortable Dusche, Küche und unser Bett. Aber unter dem Strich war es eine gute Erfahrung, und wir freuen uns, dass wir nun die Planung für unsere Rheintour in Angriff nehmen können…

Hier die Tour in der Gesamtübersicht: