Sechs Tage auf dem Kocher-Jagst-Radweg

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Der Kocher-Jagst-Radweg wird auf seiner Website wie folgt beschrieben:

und weiter:

Und das ist wirklich nicht übertrieben!


Unsere Tour auf dem Kocher-Jagst-Radweg liegt schon eine Weile zurück – genau gesagt seit 2008 – aber sie war so schön, dass wir sie dir nicht vorenthalten möchten, und vielleicht können wir dich ja zu diesem Abenteuer motivieren. Es lohnt sich!

In der Nachbearbeitung haben wir diese Tour noch einmal aus einer neuen Perspektive erlebt. Viele Informationen, die wir hier eingearbeitet haben, wurden erst nachträglich recherchiert, so dass vielleicht Hotels und Gasthöfe inzwischen unter anderer Leitung oder geschlossen sind.

Bewußt haben wir möglichst viele Informationen über Orte und Sehenswürdigkeiten verlinkt, so dass sie dir für deine eigene Planung wertvolle Unterstützung sein können. Und vielleicht kommen wir ja auch noch einmal wieder…


Die Jagst hatten wir durch unseren alten Freund Heinz, ein Wanderkamerad von Ingrids Eltern, kennengelernt. Er machte regelmäßig in Ailringen im Hotel „Altes Amtshaus“ Urlaub. Wir hatten ihn im September 2005 ein Wochenende lang dort besucht und mit ihm Tagestouren entlang des Flusses gemacht. Wie verzaubert kamen wir zurück mit dem Gefühl, mindesten eine komplette Woche aus unserem damals durchaus stressigen Alltag heraus gewesen zu sein.

Beide Flüsse entspringen auf der Schwäbschen Alb, ihre Quellen liegen ca. 20 km auseinander. Sie münden beide recht dicht beieinader in Bad Friedrichshall in den Neckar.

Der Kocher-Jagst-Radweg geht von Bad Friedrichshall kocheraufwärts bis Aalen bzw. dem Ortsteil Unterkochen und wechselt dann über Hülen nach Lauchheim an die Jagst, die er dann flussabwärts wieder nach Bad Friedrichshall begleitet. Man kann natürlich auch jagstaufwärts starten.

Als wir unseren radbegeisterten Freunden Moni und Horst davon berichten, sind sie gleich Feuer und Flamme, und wir beschließen, im kommenden Jahr gemeinsam die ganze Kocher-Jagst-Runde zu fahren. Auch Moni schreibt, nachdem wir alle wieder zu Hause sind:


Mi., 21.05.2008 – Es geht los

Heute ist es soweit. Wir starten am Spätnachmittag ab Darmstadt-Süd per Bahn nach Bad Friedrichshall. In Heidelberg müssen wir umsteigen, und spätestens ab jetzt wird die Bahn ziemlich voll. Morgen ist Frohnleichnam, also ein Brückenwochenende und recht passables Wetter.

Wir bekommen nicht einmal einen Sitzplatz. Zumindest Räder und Gepäck sind einigermaßen verstaut, aber eine knappe Stunde stehend im Gang zu verbringen ist nicht wirklich lustig. Bahnfahrten mit vollgepackten Rädern und Umstiegen sind ohnehin immer eine Herausforderung – sicher nicht nur für uns.

In Bad Friedrichshall münden – wie schon erwähnt – unsere beiden Flüsse Kocher und Jagst recht nah beieinander in den Neckar. Im Süden der Stadt befindet sich das Salzbergwerk Bad Friedrichshall, eines von drei Besucherbergwerken in Deutschland. Besucher können hier 200 Millionen Jahre Erdgeschichte erforschen, werden aber auch an seine dunkle Geschichte in der Zeit des Nationalsozialismus erinnert.

Bad Friedrichshall bietet darüber hinaus eine Menge Sehenswertes und Historisches. Man könnte hier sicher gut einen Tag (oder mehrere) verbringen, aber wir wollen ja Radfahren.

Im Bad Friedrichshaller Ortsteil Jagstfeld checken wir im Hotel „Schöne Aussicht“ ein, gleich neben dem Wendelinusturm, dem erhaltenen Turm der einstigen katholischen Pfarrkirche des Ortes.

Hier hatten wir reserviert. Alle anderen Übernachtungen werden wir täglich buchen. Eine „Bed+Bike“-Liste haben wir ausgedruckt dabei. Auf unserem Weg gibt es eine respektable Anzahl von Mitgliedsbetrieben, was nicht überall in Deutschland der Fall ist.

Überhaupt ist diese Gegend, hier im Hohenloher Land, stark auf Radfahrer eingestellt. Viele Hotels und Gasthöfe haben zielgruppenspezifische Angebote, und es ist meistens kein Problem, lediglich eine Übernachtung zu buchen.

Wir wollen jeweils mittags schauen, wie weit wir bis zum Abend kommen werden und dann telefonisch reservieren, was auch hervorragend klappt. Ein einziges Mal ist beim ausgewählten Gastgeber kein Zimmer frei, aber man empfiehlt uns gleich eine Alternative. Perfekt!


Do., 22.05.2008 / Frohnleichnam – nach Untermünkheim

Das Hotel „Schöne Aussicht“ liegt direkt am Neckarufer und ziemlich genau zwischen den beiden Flussmündungen. Nach einem guten Abendessen, einer erholsamen Nacht und gestärkt von einem leckeren Frühstück, starten wir unsere Runde kocheraufwärts und werden heute bis Enslingen, einem Ortsteil von Untermünkheim in der Nähe von Schwäbisch Hall, kommen.

Den Kocher immer wieder überquerend, werden wir gleich am ersten Tag wir mit knapp 80 km die längste Strecke und mit 510 hm auch die mit der größten Steigung absolvieren. Eine ganz ordentliche Leistung, wenn man bedenkt, dass wir ohne E-Unterstützung und mit Gepäck unterwegs sind.

Mit einem Blick über den Neckar auf das Panorama von Bad Wimpfen verabschieden wir uns für die nächsten sechs Tage. Neben der wundervollen Landschaft erwarten uns viele malerische Ortschaften mit interessanter Architektur und schönen Kirchtürmen – und viele Fotomotive.

In Oedheim, etwas eine halbe Stunde von Jagsthausen entfernt begrüßt uns ein 40 Meter hohes Gebilde aus Stahlbeton. Es ist ein Wasserturm und wurde 1966/67 erbaut.

Nach einem kurzen Blick auf Oedheim mit der Pankratiuskirche geht es munter weiter, wir haben ja noch einen langen Weg vor uns.

Wie an einer Perlenschnur reihen sich die schmucken Örtchen entlang des sich stets windenden Kochers. Es ist gar nicht so einfach, voran zu kommen, denn ein Fotomotiv folgt dem vorhergehenden.

Stein am Kocher mit der Heiligkreuz-Kirche, Kochertürn mit der Kirche Mariä Himmelfart…

…gefolgt von Neuenstadt am Kocher mit dem Oberen Turm und Gochsen mit seiner alten Kirche aus dem 17. Jahrhundert.

Nun folgen wir erst einmal dem urigen Fluss, um ein bisschen Strecke zu gewinnen.

Nach einer guten halben Stunde begrüßt uns Forchtenberg mit dem hübschen barocken Teehaus. Es liegt in einem ummauerten Garten und wurde um 1700 vom damaligen Amtmann Wibel erbaut. Es steht unter Denkmalschutz und dient heute der Stadt für Trauungen und ähnliche Veranstaltungen.

An Forchtenberg, der Heimatstadt der Geschwister Scholl, kommen wir natürlich nicht so ohne weiteres vorbei. Durch das Würzburger Tor gelangen wir in die Stadt.

An all den schönen Häusern und Fotomotiven können wir uns kaum sattsehen, aber wir wollen weiter.

Nach wiederum einer halben Stunde erreichen wir Niedernhall. Die Stadt wurde im Jahr 1037 erstmals erwähnt und beherbergt heute etwas mehr als 4.000 Einwohner…

…und kurz darauf Ingelfingen mit seinem berühmten Weinfass. Das Ingelfinger Fass ist ein fassförmiges Weinbaumuseum und gilt als Europas zweitgrößtes Holzfass. Es liegt auf 300 m Höhe in den Ingelfinger Weinbergen.

Dann machen wir erst einmal Mittagsrast. Moni hat noch allerhand Lebensmittel von zu Hause im Gepäck und bereitet uns auf einer Bank am Wege ein hübsche Minibuffet:

Frisch gestärkt durchqueren wir Künzelsau und erreichen bald den Ortsteil Kocherstetten mit dem imposanten Schloss Stetten.

Danach werden die Ortschaften seltener und wir folgen dem Kocher durch die wunderbare Landschaft bis wir bei Geislingen am Kocher die riesige Kochertalbrücke unterqueren. Sie überführt auf einer Gesamtlänge von 1.128 m die A6 über das Kochertal. Mit ihrer Höhe von max. 185 m ist sie die höchste Brücke Deutschlands. Ihre Fertigstellung erfolgte im Jahr 1979.

Nun haben wir es nicht mehr sonderlich weit zum „Landgasthof Krone“ in Enslingen, einem Ortsteil von Untermünkheim, wo wir heute nach einem zünftigen Abendessen mit Maultschen und Käsespätzle die Nacht verbringen werden. Das haben wir uns nach 77,5 km und 510 hm redlich verdient. Und irgend jemand von uns hatte bei der Planung mal gesagt: „Flusstouren sind ja meisten flach.“ Das kann man so ganz sicher nicht stehen lassen.


Fr., 23.05.2008 – Nach Sulzbach am Kocher

Nach einem guten Frühstück verabschieden wir uns von Untermünkheim, nicht ohne noch einen Blick auf die Alte Mühle im Ortsteil Haagen und die Kilianskirche, mit ihrem bunten Kirchturm geworfen zu haben.

Im weiten Bogen folgen wir dem Kocher und gelangen nach Gelbingen. Gelbingen ist bereits ein Ortsteil von Schwäbisch Hall, wo wir sicher etwas Zeit verbringen werden. Aber zunächst gibt’s noch ein Foto von der überdachten Kocherbrücke. Überdachte Brücken findet man hier in der Gegend übrigens ziemlich häufig.

Nach einer guten Viertelstunde haben wir dann Schwäbisch Hall erreicht. Schwäbisch Hall kannten wir bisher lediglich von der gleichnamigen Bausparkasse – „Auf diese Steine können Sie bauen…“ – wie schön, malerisch und interessant diese Stadt ist, dürfen wir nun erfahren. Es macht durchaus Sinn, sich für diese Stadt mehr Zeit zu nehmen als wir es heute tun.

Von weitem begrüßt uns schon der Josenturm mit seinem imposanten Fachwerkaufsatz von 1686. Er war früher Turm der Kapelle St. Jodokus und diente gleichzeitig als Verstärkung der Stadtmauer mit Ausguck.

Wir wechseln das Flussufer und gelangen in die Kernstadt. Hier nehmen wir uns etwas Zeit und machen einen ausgedehnten Rundgang. Viele imposante Gebäude ziehen uns in den Bann.

So das Rathaus am Marktplatz. Auf den Ruinen einer Klosterkirche wurde es 1728 errichtet und 1955 wieder orginal getreu aufgebaut, nachdem es im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt war.

Ebenfalls am Markt beeindruckt uns mit seinen leuchtenden Farben ein Häuserensemble. Bei dem grünen Haus handelt es sich um das sogenannte Stellwaghaus. Es war lange im Besitz der Familie Stellwag, einer angesehenen Bürgersfamilie, die mehrfach den Stättmeister (Bürgermeister) stellte.

Am Kopf des leicht abschüssigen Marktplatzes steht die Kirche St. Michael. Sie ist eines der bedeutendsten Bauwerke der Stadt und trägt seit 2013 das Europäische Kulturerbe-Siegel.

Uns faszinieren auch die vielen Zunft- und Wappenschilder an den Häusern. Es sind zu viele, um alle zu fotografieren.

Unser Rundgang führt uns wieder ans Kocherufer, wo uns neben der denkmalgerecht sanierten Häuserzeile auch das Panorama mit den drei Türmen (Rathaus, St. Michael und Sulferturm) und die beiden überdachten Brücken Roter Steg und Sulfersteg mit ihren Türmen in den Bann ziehen.

Die erste urkundliche Erwähnung des Roten Stegs geht auf das Jahr 1350 zurück. Sein Name führt möglicherweise auf die Rotgerber zurück, die die mit Ochsenblut gefärbten Häute hier zum trocknen aufhängten. Den westlichen Brückenkopf bildet der Rotsteg-Turm. Sein Grundriss beträgt 6 x 5 Meter, seine Höhe 6 Meter. Er wurde wohl nachträglich an die Stadtmauer angesetzt.

Der Sulferturm entstand vermutlich gemeinsam mit der Stadtmauer um 1250, der gleichnamige Steg allerdings wohl erst sehr viel später.

Eine weitere Kocherbrücke ist die Henkersbrücke mit dem Henkerhaus. Von ihr aus hat man einen einzigartigen Blick auf die Fachwerkhäuser am Flußufer. Der hier lebende Henker war früher für das Eintreiben der Zölle zuständig.

Imposant hoch über der Stadt thront das ehemalige Zeughaus. Es gilt als das größte und auffälligste Haus der Stadt.

Nach ausgiebigem Rundgang machen wir uns wieder auf den Weg. Wir hätten hier bestimmt den ganzen Tag verbringen und fotografieren können, aber wir haben ja noch ein Stück des Weges vor uns.

Zum Abschied grüßen uns hoch über dem Kocher und dem Ortsteil Steinbach die Comburg mit der Kirche St. Nikolaus.

Die Comburg ist ein ehemaliges Benediktiner-Kloster und späteres Ritterstift. Die Grafen von Comburg-Rothenburg stifteten das Kloster 1078 der Diezöse Würzburg.

Die Kirche St. Nikolaus ist ein Kulturdenkmal besonderen Ranges. Der Heilige Nikolaus war der Schutzpatron des Benediktiner-Klosters auf der Comburg. Bereits 1088 wurde die erste Kirche geweiht, der eine lange Geschichte bevorstand.

Bis zu unserem nächsten Halt, der Stadt Gaildorf ist es nun ein ganzes Stück. Unterwegs begegnen uns noch ein paar allerliebste tierische Freunde, die uns aber schnell den Rücken zudrehen.

In Gaildorf empfängt uns das Alte Schloss, ein imposanter vierflügeliger Fachwerkbau am Ufer des Kochers. Es wurde 1479 bis 1482 erbaut und in den nächsten Jahrhunderten erheblich erweitert.

Wir wollen eine Rast einlegen und finden in einem der Nebengebäude das „Café Schlosswerk“ mit seinem verwunschenen Garten. Es ist gerade richtig für eine entspannte Kaffeepause.

Nun sollten wir uns aber auf den Weg machen! Es ist zwar nicht mehr allzu weit bis zu unserem Ziel und der Weg ist flach, nachdem wir das wellige Gelände hinter uns gelassen haben, aber es ist auch schon halb vier…

In Sulzbach, einem Ortsteil der Gemeinde Sulzbach-Laufen, hatten wir telefonisch im „Gasthof Krone“ reserviert (wieder eine Krone). Hier wartet ein gutes Abendessen und ein gemütliches Bett auf uns.

Verglichen zum gestrigen Tag waren es heute nur knapp 41 km, aber durchaus auch 420 hm. Wir finden, eine gutes Essen haben wir uns verdient.


Sa., 24.05.2008 – Nach Jagstzell

Heute werden wir den Kocher verlassen und an die Jagst wechseln. Unsere Freunde sind ein bisschen unter Zeitdruck und bis Hülen würde uns noch ein ziemlicher Anstieg erwarten, so beschließen wir, die offizielle Runde nicht ganz bis Unterkochen zu fahren, sonderen bereits in Hüttlingen die Querspange zum Bucher Stausee zu nehmen. Er dient zur Wasserregulierung der Jagst und als Freizeit- und Erholungsgebiet.

Aber zunächst folgen wir noch ein ganzes Stück dem Kocher. Heute liegen die Ortschaften nicht mehr ganz so dicht beieinander.

In Untergröningen begrüßt uns hoch auf einem Bergsporn das Renaissance-Schloss. Es wurde 1563 erbaut und im 18. Jahrhundert umgestaltet.

Eine gute halbe Stunde später erreichen wir Wöllstein. Wöllstein und die Jakobuskapelle sind eine Station auf dem Fränkischen Jakobsweg.

Die kleine Kapelle war Teil der 1269 erstmals erwähnten Burg Wöllstein, zählt zu den ältesten Kirchen des Ostalbkreises und ist ein geschütztes Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung. Ihre Mauern von fast zwei Metern Stärke haben Festungscharakter.

Nach kurzem Innehalten am Jakobskreuz geht es weiter nach Abtsgmünd mit seiner Pfarrkirche St. Michael.

Als hinter Abtsgmünd als die Landschaft wieder uriger wird, beschließen wir, wenigstens einmal unsere Füße in den Kocher zu tauchen, ehe wir ihn gleich verlassen.

Über Waiblingen, vorbei an Niederalfingen mit seiner stolzen Burg, gelangen wir nach Hüttlingen. Nun heißte es Abschiednehmen von unserem bisherigen Begleiter, und nun geht es erst einmal ein Stück bergauf.

Über Buch gelangen wir ans Ende des Bucher Stausees. Wie schon erwähnt, dient er zur Wasserregulierung der Jagst sowie als Freizeit- und Erholungsgebiet. Er hat einen Stauraum von rund einer Million Kubikmeter. Oberhalb des Sees ist die Jagst zum Naturschutzgebiet „Vorbecken Buch“ aufgestaut. Hier wurde vor allem für Vögel ein Brut-, Durchzugs- und Überwinterungsgebiet geschaffen. Die klare Trennung vom Erholungsbetrieb im Hauptbecken hat sich bestens bewährt. Hier kann man jetzt bisher nie dagewesene Arten beobachten.

Über Schwabsberg, Saverwang und Schrezheim gelangen wir nach Ellwangen mit der Basilika St. Vitus, einem spätromanischen Gewölbebau aus dem 13. und der Marienkirche aus dem 15. Jahrhundert. Die Basilika St. Vitus trägt seit 1964 den Ehrentitel „Basilika minor“ und wurde ursprünglich als Stiftskirche für das Kloster Ellwangen erbaut.

Auf dem 530 Meter hohen Schönenberg begrüßt uns die Wallfahrtskirche „Zu Unserer Lieben Frau“, die kurz „Schönenbergkirche“ genannt wird. Der Grundstein für dieses beeindruckende Bauwerk wurde 1682 gelegt, nachdem die Stadt Ellwangen im Jahr 1681 von einer verhehrenden Feuersbrunst verschont blieb. Sie wurde nach dem „Vorarlberger Münsterschema“ erstellt und 1685 geweiht.

Übernachten werden wir heute in einer Privatpension im Talblick 15 in Jagstzell. Wir hätten es ahnen können – der Straßenname lässt eigentlich den Schluss zu, dass sie sich auf einer Anhöhe befindet. Nachdem wir den recht steilen Anstieg am Ende unserer heutigen Tour bewältigt haben, müssen wir leider von unseren netten Gastgebern erfahren, dass es hier oben keine weitere Einkehrmöglichkeit gibt. Aber nach 60 km und 410 hm ohne Essen ins Bett geht gar nicht! Also geht’s wieder abwärts, aber dieses Mal zu Fuß.


So., 25.05.2008 – Nach Heimhausen

Der Jagst-Radweg ist sehr viel ursprünglicher als der Kocher-Radweg. Hier gibt es nicht so viele Ortschaften, dafür wunderschöne Landschaften mit üppiger Vegetation.

Die nächste Stadt, die wir erreichen ist Crailsheim. Allerdings statten wir ihr keinen Besuch ab, sondern grüßen lediglich von Weg aus die Türme der Johanneskirche, des Heilig-Geist-Spitals, der Liebfrauenkapelle und den Rathausturm.

Wir folgen den Windungen der Jagst durch diese bezaubernde Landschaft. In Mistlau halten wir kurz, um die Nikolauskirche mit ihrem aussergewöhnlichen Turm zu fotografieren. Sie steht auf dem Gelände eines ehemaligen Benediktinerklosters und beherbergt in ihrem Inneren fantastische Freskenmalereien.

Uns zieht es indess weiter Richtung Kirchberg. Über dem Ockenauer Steg – wieder eine der vielen überdachten Brücken – grüßt vom Berg herab das Schloss Hornberg aus dem Jahre 1216.

Um den Steg zu überqueren, müssen wir absteigen. Eine hölzerne Rampe führt hinauf. Noch ein Blick in den Fluss, dann wird es dunkel.

Hoch über den Jagsttal taucht zwischen alten Kastanienn die Villa Schöneck auf. Mit ihren 130 Jahren Geschichte hat sie einiges gesehen und bedarf heute dringender Sanierung.

Ein paar Minuten später begrüßt uns schon von weitem das riesige Kirchberger Schloss. Wir wollen uns in Kirchberg ein wenig dem Sight Seeing hingeben und planen ein bisschen Zeit ein.

Um 1240 wurde hier zunächst eine Burg errichtet, die dann später Ende des 16. Jahrhunderts zum Renaissanceschloss umgestaltet wurde. Wie all diese alten Gemäuer kann auch das Kirchberger Schloss auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Heute ist es im Besitz der gemeinnützigen Stiftung Haus des Bauern.

Doch nicht nur das Schloss, sondern die Gesamtanlage Kirchberg/Jagst ist ein denkmalgeschütztes Ensemble mit vielen sehenswerten Häusern und Häuschen.

Es ist Mittag und uns zieht es weiter. Wir wollen heute in der Jagstmühle in Heimhausen übernachten, die wir schon von unserem früheren Besuch an der Jagst kennen.

Beim Vorbeifahren am Kirchberger Ortsteil Lendsiedel, grüßt uns noch zum Abschied die Stephanuskirche aus dem 16. Jahrhundert mit ihrem quadratischen Turm.

Auf verschlungenem Weg, viel Landschaft und tierischen Freunden führt uns die Jagst dann neben verschiedenen kleinen Ortschaften vorbei an der ehemaligen Residenzstadt Langenburg mit ihrem beeindruckenden Schloss hoch oben über dem Flusstal.

Am Nachmittag erreichen wir dann unser Ziel, den romantischen Landgasthof Jagstmühle auf der Jagstinsel nahe Heimhausen. Heute gönnen wir uns einen ganz besonderen gastronomischen Leckerbissen.


Mo., 26.05.2008 – Nach Möckmühl

Nach einem guten Abendessen, einer wunderbaren Nacht und einem leckeren Frühstück in der Jagstmühle machen wir uns wieder auf den Weg, obwohl wir hier noch gut hätten verweilen können.

Heimhausen gehört zur Gemeinde Mulfingen, die insgesamt acht Ortschaften umfaßt. Im Ortsteil Jagstberg, am Fuße des gleichnamigen Berges befindet sich eine Quelle, die bereits in altgermanischer Zeit als heilkräftig galt. Im Jahre 1510 wurde hier zu Ehren Marias eine Kapelle errichtet, die heutige St. Annakapelle, deren Altar wahrscheinlich in der Schule Tilman Riemenschneiders gestaltet wurde. Mittels einer elektrischen Pumpe kann aus der Quelle hinter der Kirche Wasser entnommen werden. Gleich neben der Kapelle befindet sich eine kleine Marien-Grotte.

Nach etwa einer Stunde erreichen wir die Kapelle St. Wendel zum Stein in der Nähe der Ortschaft Dörzbach. Die dem Schutzheiligen der Hirten, St. Wendelin, geweihte Kapelle wurde 1511 bis 1515 als Gelübdeerfüllung errichtet, aber bereits vor dieser Zeit wurde hier eine Kapelle urkundlich erwähnt. Bereits im 6. Jahrhundert soll oberhalb der heutigen Kapelle eine Tuffsteingrotte errichtet worden sein. Der Sage nach hat hier ein Schäfer einen Schatz gefunden und aus Dankbarkeit die Grotte in den Stein gebaut. Und bereits in vorchristlicher Zeit befand ich hier ein keltisches Quellenheiligtum.

Oberhalb der Kapelle befinden sich die Schönhuthlinden. Sie wurden 1842 zum fünfjährigen Jubiliäum des traditionellen Maifestes vom Dörzbacher Pfarrer, Dichter und Heimatforscher Ottmar Schönhuth gesetzt und haben heute eine stattliche Höhe erreicht.

Unser Weg führt uns weiter durch Dörzbach und vorbei an der historischen Ölmühle. Schriftlich erwähnt wurde sie zum ersten Mal 1709. Sie ist eine der wenige erhaltenen Mühlen ihrer Art. Von der ursprünglichen Mühleneinrichtung blieben erfreulicherweise die gesamten Geräte zur Ölgewinnung erhalten, auf denen nach ihrer Restaurierung heute wieder, wie zur Erbauungszeit, Öl „geschlagen“ wird.

Nach etwa einer halben Stunde grüßt uns von oben herab Krautheim mit seiner Spornburg. Sie wurde 1213 auf einem Bergsporn über Krautheim errichtet.

Unser nächster Stopp ist das Kloster Schöntal. Von weitem sehen wir schon den Turm der Friedhofskapelle, die ein wenig abseits des Klosters liegt. Das Kloster Schöntal ist eine ehemalige Zisterzienserabtei mit kunstvoller Barockkirche. Gegründet wurde es 1153 als Filialkloster des Klosters Maulbronn. 1802 wurde die Abtei säkularisiert. Heute wird sie als Tagungshaus und von der Gemeinde Schöntal als Rathaus genutzt. Kloster und Klosterkirchen können leider nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden.

Im Kreuzgang von Schöntal befindet sich das Grab des Ritters Götz von Berlichingen (um 1480–1562). Er spielte im süddeutschen Bauernkrieg eine wichtige Rolle. Ein literatisches Denkmal setzte ihm Johann Wolfgang von Goethe und ersann dabei das berühmte Götz-Zitat.

Nach ausgiebiger Mittagsrast und einem kurzen Blick in den Klostergarten, verabschieden wir uns vom Kloster Schöntal. Inzwischen ist es früher Nachmittag. In Jagsthausen halten wir noch kurz, um die sogenannte Götzenburg, die Burg Jagsthausen, zu fotografieren.

Bereits um 160 n. Chr. errichteten die Römer auf der heutigen Jagsthausener Gemarkung ein Limeskastell. Heute noch sichtbar ist eine der beiden Thermen.

Zwischen Jagsthausen und unserem heutigen Etappenziel Möckmühl liegt der kleine Ort Widdern mit der Liebfrauenkapelle. Erstmals urkundlich erwähnt wurde Widdern bereits 774 als „Witternheim“. Die Liebfrauenkapelle ist eine alte Wallfahrtskapelle aus der Mitte des 15. Jahrhunderts.

Bald darauf erreichen wir unser heutiges Ziel, das Hotel „Württemberger Hof„. Es wird die letzte Übernachtung auf unserer Tour sein, und ein bisschen wehmütig ist uns schon zumute.


Di., 27.05.2008 – Nach Jagstfeld (Bad Friedrichshall) und heim

Heute ist unser letzter Tag. Bis zum Bad Friedrichshaller Ortsteil Jagstfeld sind es noch etwa 26 km. Von hier aus wollen wir am Nachmittag per Bahn die Heimreise antreten.

Wir nehmen Abschied von Möckmühl und seiner Burg, die wie das alte Schloss in Jagsthausen den Beinamen Götzenburg trägt. Sie beschirmte einst mehrerer Zoll- und Geleitstraßen an der Einmündung der Seckach in die Jagst. Der wichtigste dieser Wege führte von Würzburg nach (Bad) Wimpfen und war bereits für die Römer von Bedeutung.

Am Ufer der Jagst führt uns unser Weg durch das Örtchen Neudenau. Etwas ausserhalb des Ortes liegt die Gangolfskapelle. Erstmals 1276 erwähnt war sie Pfarrkirche des um 1400 aufgegebenen Ortes Deitingen. Seit 1923 wird hier die Tradition der Pferdewallfahrten wieder fortgesetzt.

Im Ort Neudenau selbst befindet sich die Laurentiuskirche. Die Kirche von 1742 geht auf ein viel älteres Vorgängergebäude zurück.

Auch in die Jagst wollen wir noch einmal unsere Füße tauchen. Zwischen Neudenau und Herbolzheim finden wir eine geeignete Stelle. Auf geht’s!

Über den Neudenauer Ortsteil Herbolzheim thront auf einem Bergsporn die Ruine Heriboldesburg. Sie entstand um 1100 bis 1200. Sie war Stammsitz der erstmals 1268 erwähnten Ritter von Herbolzheim.

Wir folgen weiter den Windungen der Jagst. Kurz vor Duttenberg, einem Ortsteil von Bad Friedrichshall, wechseln wir das Ufer. Ausserhalb des Ortes befindet sich das Schloss Heuchlingen und direkt daneben die Heuchlinger Mühle. Wir machen ein Foto, halten uns aber nicht weiter auf.

Nun ist es nur noch ein Katzensprung, und wir haben Jagstfeld erreicht. Vom anderen Neckarufer begrüßt uns wieder Bad Wimpfen mit der Dominikanerkirche, dem Blauen Turm und der Stadtkirche.

Es ist Mittag, wir haben noch ein bisschen Zeit und werden uns noch ein gutes Mittagessen gönnen, ehe wir uns zum Bahnhof begeben. Wir sind ganz erfüllt von dieser wunderbaren Tour und der schönen Zeit mit unseren Freunden. Sicher werden wir noch eine Weile brauchen, wieder in unserem Alltag anzukommen.

Und die Idee, dass Flusstouren immer flach sein müssen, haben wir inwzischen aufgegeben. Wir wurden eines besseren belehrt.